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Fahrerlaubnis auf Probe

Fahrerlaubnis auf Probe-Verstanden?

Probezeit - Was gibt's zu beachten?

Bei erstmaligem Erwerb wird die Fahrerlaubnis, ausgenommen die Klassen L, M und T, auf Probe erteilt (§ 2a Abs.1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 32 FeV). Die Probezeit dauert zwei Jahre. Mit dieser 1986 eingeführten Regelung sollte dem außerordentlich hohen Unfallrisiko der Fahranfänger begegnet werden.

Die Regelung zeigte zwar Wirkung, aber die Unfallbeteiligung der jungen Fahrer war nach wie vor zu hoch. Deshalb hat der Gesetzgeber Ende 1999 die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe verschärft. Leider kam es dabei aber nicht zu dem wichtigen Schritt einer zweiten obligatorischen Ausbildungsphase für junge Fahrerinnen und Fahrer.

Dünne Überwachung
Weil die polizeiliche Verkehrsüberwachung insgesamt gesehen sehr dünn ist, hält sich das Risiko, bei einem Verkehrsverstoß ertappt zu werden, in Grenzen. Das bedeutet, dass Fahranfänger längst in einen gefährlichen Fahrstil hinein geschlittert sein können, bevor sie Hilfe bekommen. Eine zweite Ausbildungsphase würde dieses Manko ausgleichen.

Keine Konkurrenz der Vorschriften
Die Vorschriften über das Punktsystem und die Fahrerlaubnis auf Probe finden nebeneinander Anwendung. Die Verstöße von Fahranfängern werden wie die von anderen Kraftfahrern im Verkehrszentralregister (VZR) eingetragen. Auch die Tilgung der Eintragungen unterliegt den gleichen Regeln. Lediglich bei den Sanktionen gibt es deutliche Unterschiede.

Bußgeldstelle informiert das VZR
Wird ein Fahranfänger wegen einer Ordnungswidrigkeit zu einem Bußgeld von DM 80,-- (oder mehr) oder wegen einer Verkehrsstraftat verurteilt, ergeht Meldung der Bußgeldstelle oder des Gerichts an das VZR. Das VZR benachrichtigt die zuständige Fahrerlaubnisbehörde. Diese prüft zunächst, ob es sich gemäß Anlage 12 der FeV um einen schwerwiegenden oder um einen weniger schwerwiegenden Verstoß handelt.

Wie sind die Verstöße klassifiziert?

Etwas vergröbert dargestellt, sieht es so aus:

· Verstöße gegen Verhaltensvorschriften der StVO gelten in der Regel als schwerwiegend;

· Verstöße gegen die Bau- und Ausrüstungsvorschriften der StVZO werden den weniger schwerwiegenden zugerechnet.

Die Missachtung der StVZO-Vorschriften über die Zulassung und die Betriebserlaubnis von Kraftfahrzeugen gehören hingegen zum Katalog der schwerwiegenden Verstöße.

Ausreißer
Doch es gibt auch einige Ungereimtheiten: So etwa sind Verstöße gegen die Vorschriften des § 10 StVO über das Einfahren und Anfahren den weniger schwerwiegenden Verstößen zugeordnet. Während die Missachtung des Zeichens "Vorfahrt gewähren" zu den schwerwiegenden Verstößen zählt, fällt die Missachtung des Vorrangs anderer Verkehrsteilnehmer beim Verlassen eines verkehrsberuhigten Bereiches oder beim Anfahren vom Fahrbahnrand unter die weniger schwerwiegenden Verstöße.
Auch Straftaten sind unterschiedlich bewertet
Gefährdungs- und die Alkoholdelikte, die einen Straftatbestand erfüllen, sind den schwerwiegenden Verstößen zugeordnet; ebenso Nötigung, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort sowie unterlassene Hilfeleistung. Andere Straftaten im Straßenverkehr, so z. B. Kennzeichenmissbrauch nach § 22 StVG, sind den weniger schwerwiegenden Verstößen zugeordnet. Fahrlässige Körperverletzung und Fahrlässige Tötung werden, jeweils entsprechend dem für die Tat ursächlichen Verstoß, den schwerwiegenden oder den weniger schwerwiegenden Verstößen zugerechnet.

Wer also aus einer Ausfahrt unachtsam auf eine Straße fährt und dabei einen Radfahrer verletzt, begeht einen weniger schwerwiegenden Verstoß, weil in diesem Fall "nur" eine Bestimmung des § 10 StVO übertreten wurde. Würde an einer gleichberechtigten Kreuzung durch Missachtung der Vorfahrt das Gleiche passieren, wäre dies ein schwerwiegender Verstoß.

Zwei = eins
Zwei weniger schwerwiegende Verstöße lösen dieselben Folgen wie ein schwerwiegender Verstoß aus. Das System der Fahrerlaubnis auf Probe setzt - wie auch das Punktsystem - auf Hilfen für die Auffälligen. Bleiben diese ohne Wirkung, steht am Ende eines dreistufigen Verfahrens die Entziehung der Fahrerlaubnis.

· Stufe 1:

Stellt die Behörde fest, dass der gemeldete Verstoß zu den "schwerwiegenden" zählt, informiert sie den jungen Fahrer und ordnet die Teilnahme an einem Aufbauseminar für Fahranfänger (ASF) an. Zugleich setzt sie eine Frist, innerhalb der die Teilnahmebescheinigung vorzulegen ist (§ 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG). Die Anordnung hat außerdem eine Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre zur Folge (§ 2a Abs. 2a StVG).

Wird die Teilnahmebescheinigung nicht fristgerecht vorgelegt, muss die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entziehen (§ 2a Abs. 4 StVG). Bevor eine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf, muss der Betroffene an einem Aufbauseminar (ASF) teilnehmen. Dies gilt auch für alle Fälle, in denen die Fahrerlaubnis entzogen wird, bevor der Fahranfänger an einem Aufbauseminar teilnehmen konnte. So z. B., wenn der Fahranfänger 18 Punkte erreicht oder ein Gericht die Fahrerlaubnis entzogen hat. Auch an den Fall, dass ein Fahranfänger auf die Idee kommen könnte, "freiwillig" auf die Fahrerlaubnis zu verzichten, hat der Gesetzgeber gedacht: Vor der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis steht auch in diesem Fall die Teilnahme an einem Aufbauseminar. Damit das abgestufte Verfahren zur Wirkung kommen kann, beginnt Stufe 2 erst nachdem der Fahranfänger an einem Aufbauseminar (ASF) teilgenommen hat. Zwischenzeitlich etwa begangene Verstöße werden natürlich trotzdem im VZR registriert und "bepunktet".

· Stufe 2:

Wird ein Fahranfänger nach dem Besuch des Aufbauseminars erneut auffällig, verwarnt ihn die Verwaltungsbehörde und empfiehlt ihm, an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen (§ 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StVG). Kommt er dem nach und legt der Verwaltungsbehörde innerhalb von zwei Monaten eine Bescheinigung darüber vor, wird sein Punktekonto um zwei Punkte entlastet (§ 4 Abs. 4 Satz 2, zweiter Halbsatz StVG).Die Beratung stellt die zweite Stufe der Hilfe dar. Ob der Fahranfänger das Angebot annimmt, ist - im Gegensatz zur Teilnahme am Aufbauseminar – ihm überlassen.

· Zwei Monate Bedenkzeit

Für die Teilnahme an der verkehrspsychologischen Beratung wird dem Fahranfänger eine Frist von zwei Monaten eingeräumt. Innerhalb dieser "Bedenkzeit" kommen keine weiteren Maßnahmen nach den Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe zur Anwendung, gleichgültig ob das Angebot der verkehrspsychologischen Beratung angenommen wird oder nicht.

· Stufe 3:

Nach Ablauf dieser zwei Monate beginnt in jedem Fall die Stufe 3: Wird der Fahranfänger nach Ablauf von zwei Monaten seit der Verwarnung erneut auffällig, muss ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden (§ 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG ). In diesem Fall darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens nach Ablauf von 3 Monaten seit Ablieferung des Führerscheins ausgestellt werden (§ 2a Abs. 5 Satz 3 StVG).

· Führerschein weg – Probezeit verlängert sich

Wird der Führerschein innerhalb der Probezeit von der Polizei sichergestellt, beschlagnahmt oder verwahrt oder wird die Fahrerlaubnis von einem Gericht vorläufig entzogen, wird der Ablauf der Probezeit so lange gehemmt, bis der Führerschein wieder ausgehändigt wird. Das heißt, die Probezeit verlängert sich um den entsprechenden Zeitraum. Dies gilt nicht für den Fall eines Fahrverbots. Da dieses den Bestand der Fahrerlaubnis nicht berührt, läuft die Probezeit weiter, auch während der Führerschein amtlich verwahrt ist.

· Nach Entziehung neue Probezeit

Wird die Fahrerlaubnis endgültig entzogen, endet die Probezeit. Mit der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis beginnt eine neue Probezeit von vier Jahren, jedoch gemindert um die im Zusammenhang mit der ersten Fahrerlaubnis bereits abgelaufenen Probezeit. Sollte der Fahranfänger innerhalb dieser zweiten Probezeit erneut auffällig werden, ist in jedem Fall ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung fällig (§§ 35 und 37 FeV).

Alkohol und Drogen
Fällt ein junger Fahrer wegen Fahrens unter der Wirkung von Alkohol oder Drogen auf, muss er an einem besonderen Aufbauseminar teilnehmen, das von besonders qualifizierten Psychologen geleitet wird (§ 2b Abs. 2 StVG).

Keine Tricks mit Rechtsmitteln
Mit raffiniert eingelegten Rechtsmitteln die Teilnahme an einem Aufbauseminar hinausschieben zu wollen, wäre ein vergeblicher Versuch. Denn Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung (§ 2a Abs. 6 StVG).

Ausländischer Führerschein – keine Befreiung von der Probezeit
Fahranfänger, die ihre Fahrerlaubnis im Ausland erworben haben und innerhalb von zwei Jahren seit Erteilung ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen, unterliegen den Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe. Jedoch verringert sich die Probezeit um die seit Erteilung der Fahrerlaubnis im Ausland verbrachte Zeit (§ 2a Abs. 1 Sätze 2, 3 und 4 StVG).

Regeln der Teilnahme an ASF
Die Aufbauseminare umfassen vier Sitzungen zu jeweils 135 Minuten und eine Fahrprobe, die in Gruppen mit jeweils drei Personen durchgeführt wird und pro Gruppe ebenfalls 135 Minuten dauert. Der Seminarleiter darf die Teilnahmebescheinigung nur ausstellen, wenn der Fahranfänger an allen Sitzungen und an der Fahrprobe teilgenommen hat. Versäumt der Teilnehmer eine Sitzung, muss er ein neues Seminar in vollem Umfang durchlaufen, da es das System aus lernpsychologischen Gründen nicht zulässt, Sitzungen einzeln, also getrennt von den Sitzungen des ursprünglichen Seminars, nachzuholen (§§ 35 und 37 FeV).