Grünpfeilampel
Das Unheil mit dem Pfeil
Auch in Baden-Württemberg sieht man das Grünpfeilschild immer häufiger. Das Zeichen erlaubt bekanntlich rechts abzubiegen trotz Rot. Doch viele erfahrene Kraftfahrer, ja sogar Führerscheinneulinge, scheinen die Regel nicht zu kennen.
Dabei ist in der Straßenverkehrsordnung (StVO) alles ganz klar geregelt:
Nach dem Anhalten ist das Abbiegen nach rechts auch bei Rot erlaubt, wenn rechts neben dem Lichtzeichen Rot ein Schild mit grünem Pfeil auf schwarzem Grund (Grünpfeil) angebracht ist. Der Fahrzeugführer darf nur aus dem rechten Fahrstreifen abbiegen. Er muss sich dabei so verhalten, dass eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs der freigegebenen Verkehrsrichtung, ausgeschlossen ist (§ 37 Abs. 2 Sätze 8 bis 10 StVO).
An sich unkompliziert...
Eigentlich eine sehr einfache Regel - aber warum haben es viele Fahrer (noch) nicht drauf oder machen Fehler?
Da sind zum einen die Ortsfremden, die das Schild noch nie gesehen und auch noch nie etwas davon gehört haben. Die bleiben stehen und warten auf Grün. Andere hingegen machen den Fehler, vor dem Abbiegen nicht an der Haltlinie stehen zu bleiben. Das ist auch bei Fahrprüfungen der häufigste Grünpfeil-Fehler.
Warum sie nicht anhalten?
Die meisten scheinen das Pfeilschild dem grünen Pfeil der Ampel, der das Weiterfahren nicht nur erlaubt, sondern gebietet, gleichzusetzen. Das zeigt wieder einmal, wie wichtig Aufklärung über neue Verkehrsregeln ist. Es genügt eben nicht, dass etwas in der StVO gut geregelt ist, es muss den 50 Millionen Führerscheinbesitzern auch nahe gebracht werden. Nun ist das Grünpfeilschild ja nicht gerade der letzte Schrei, denn es steht schon seit März 1994 in der StVO, aber weil es auf dem Gebiet der früheren Bundesrepublik (leider!) noch viel zu selten verwendet wird, ist es eben für viele Kraftfahrer ein etwas rätselhaftes Zeichen, mit dem umzugehen man nicht gewohnt ist. Manche Straßenverkehrsbehörden versuchen deshalb, durch Zusatzschilder auf das richtige Verhalten hinzuweisen.
Verwarnung oder Bußgeld?
Vor Einführung der Regelung wurde auch diskutiert, ob das Nichtanhalten vor dem Abbiegen mit einem Verwarnungsgeld oder einem Bußgeld geahndet werden sollte. Der Verordnungsgeber hat sich für ein Bußgeld (von jetzt € 50.--) entschieden, weil die Bedeutung des Rotlichts nicht leiden soll. Aber es kommen nur sehr wenige Verstöße zur Anzeige. Das liegt vor allem an der dünnen polizeilichen Überwachung, und automatische Kameras könnten - wenn überhaupt - dafür nur unter erheblichem technischem Aufwand eingesetzt werden.
Kein Anhalten in der DDR
Wer seine Erfahrungen mit dem Grünpfeil in der ehemaligen DDR gesammelt hatte, mag sich mit der jetzigen Regelung ebenfalls etwas schwer tun. In der DDR war das vorherige Anhalten an der Haltlinie nämlich nicht vorgeschrieben.
Fehler vom Amt
Ein Fehler vom Amt ist es, wenn entgegen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV) das Grünpfeilschild aufgestellt wird, wo zwei oder mehr markierte Fahrstreifen das Rechtsabbiegen zulassen. Kein Fehler vom Amt ist es jedoch, wenn Fahrer unerwartet das Grünpfeilschild entdecken und gegen alle Regeln von einem nur für den Geradeausverkehr bestimmten Fahrstreifen nach rechts abbiegen. Lieber einen Umweg machen als in der Ampelschlange stehen, mag das Motiv dieser Gehetzten sein.
Anfängerfalle
Eine Schwierigkeit, die vor allem Fahranfängern und speziell auch Prüflingen zu schaffen machen kann, soll hier auch noch erwähnt werden: Man will bei Grün links abbiegen und wartet brav auf der Kreuzungsmitte, bis der Gegenverkehr durch ist. Als man weiterfahren könnte, preschen entgegenkommende Rechtsabbieger dazwischen ohne vorher - wie es das Grünpfeilschild gebietet - anzuhalten. Unterdessen hat, oh weia!, die Ampel dem Querverkehr Grün gegeben, und unser Prüfling steht etwas ratlos auf der Kreuzung. Was kann helfen? Üben, üben, üben! Damit man lernt, sich unmittelbar nach dem letzten Entgegenkommenden so rasch und so weit als möglich in die neue Richtung einzuordnen und sich an die Fahrlinie der rasanten Rechtsabbieger heranzupirschen.
Technischer Lapsus oder Todsünde?
Bei der Beurteilung von Prüflingen kann ein weiteres Problem auftreten: Man nähert sich der Kreuzung bei Rot, der Prüfling bremst, um vor der Haltlinie anzuhalten. Aber dann lässt er die Bremse um den Bruchteil einer Sekunde zu früh los. - Nicht beachten der Anhaltepflicht oder nur ein Lapsus der Fahrzeugbedienung? Im Gesprächskreis Fahrerlaubnisprüfung konnte man sich erst nach längerer Diskussion auf die Meinung einigen, dass in diesen Fällen der Prüfer - wie beim Zeichen "STOP"- jeweils der konkreten Situation Rechnung tragen sollte. War die Absicht des Anhaltens deutlich erkennbar und das Weiterrollen nur ein Bedienungsfehler, so sei das nicht als Todsünde einzustufen.
Tücke im Kreisverkehr
Unlängst hatte das Kammergericht in Berlin einen interessanten Fall zu entscheiden. Die Einfahrten eines mehrstreifigen Kreisverkehrs sind durch Ampeln geregelt. An einer der Ampeln ist ein Grünpfeilschild angebracht. Ein Autofahrer, der im zweiten Fahrstreifen von rechts bei Rot angehalten hatte, ließ sich von dem rechts neben ihm stehenden Fahrzeug anstecken und fuhr los, als dieses - der Grünpfeilregelung folgend - bei Rot in den Kreis einfuhr. Er verließ den Kreis jedoch nicht an der nächsten, sondern erst an der übernächsten Ausfahrt. Das Gericht verurteilte ihn wegen nicht beachten von Rot. In ihrem Urteil wiesen die Richter aber darauf hin, dass der Fahrer gleich gegen zwei Bestimmungen verstoßen hatte. Erstens: Nur Benutzern des rechten Fahrstreifens ist das Abbiegen bei Rot erlaubt. Zweitens: Wer aus dem rechten Fahrstreifen bei Rot in den Kreis einfährt, muss ihn an der ersten Ausfahrt wieder verlassen; das Weiterfahren im Kreis alleine hätte zur Verurteilung gereicht.